pflichtteil

Schutz der wirtschaftlichen Existenz des Pflichtteilsschuldners

Die Höhe des Pflichtteils richtet sich – wie bereits erläutert – nach der Höhe des gesetzlichen Erbteils. Die tatsächliche Berechnung erfolgt vom reinen Nachlass, dh jenes Vermögen, das nach Abzug der Passiva und Verfahrenskosten noch vorhanden ist. Auch Schenkungen des Erblassers zu Lebzeiten können bei der Berechnung noch relevant sein. Daher kann die tatsächliche Berechnung des Pflichtteilsanspruches durchaus komplex sein.

Nichtsdestotrotz sollte der Pflichtteilsberechtigte die Verjährung nicht übersehen und rechtzeitig seine Ansprüche geltend machen. Grundsätzlich wird der Pflichtteilsanspruch mit Tod des Erblassers fällig, verjährt nach drei Jahren und ist in Geld zu leisten.

Oft stellte es für Erben ein Problem dar, liquide Mittel für die Ausbezahlung eines Pflichtteilsberechtigten aufzustellen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein Unternehmen oder eine Liegenschaft vererbt wurde. Der Pflichtteilsschuldner wäre beispielsweise gezwungen, das Unternehmen zu zerschlagen oder eine Liegenschaft – auf der er vielleicht selbst lebt – zu verkaufen.

Um dies zu entschärfen, bringt die Reform die Neuerungen, dass der Pflichtteilsberechtigte den Pflichtteil erst ein Jahr nach dem Tod des Erblassers einfordern kann. Weiters gibt es nunmehr die gesetzliche Möglichkeit der Stundung bzw Ratenzahlung des Pflichtteils. Eine Stundung kann entweder bereits in der letztwilligen Verfügung vom Erblasser vorgesehen werden oder das Gericht kann dies – auf Verlangen des Erben – auf höchstens fünf Jahre festsetzen. In besonderen Fällen kann das Gericht diesen Zeitraum auf maximal zehn Jahre verlängern. Nur wenn die Stundung den Pflichtteilsberechtigten unbillig hart treffen würde, kann er schon vor Ablauf der Stundungszeitraums – unter Abwägung der Interessen und Vermögenslage des Pflichtteilsschuldners – seinen Pflichtteil fordern.

Zu beachten ist, dass bis zu Erfüllung dem Pflichtteilsberechtigten die gesetzlichen Zinsen in Höhe von vier Prozent am dem Tag des Todes des Erblassers zustehen.

Posted by Christine Fidler-Faßmann in Aktuelles

Eltern verlieren Pflichtteilsanspruch

Was versteht man unter dem Pflichtteil? Dabei handelt es sich um einen Mindestanteil am Nachlass  – dieser alteingesessene Begriff wird ab Jahresbeginn dem modernen Ausdruck „Verlassenschaft“ weichen müssen -, den bestimmte Personen jedenfalls erhalten müssen, auch wenn sie vom Erblasser in seinem Testament nicht bedacht wurden. (im Übrigen: der „Erblasser“ wird ab 1.1.2017 zum „Verstorbenen“ und nimmt damit den Wortwitz des erblassten Erblassers und seiner Abwandlungen für immer mit ins Grab)

Bislang waren der Ehegatte (EP) und Kinder (Enkel) des Verstorbenen pflichtteilsberechtigt. Hatte dieser keine Nachkommen, kam seinen Eltern (Großeltern) – neben einem allenfalls vorhandenen Ehegatten (EP) – ein Pflichtteilsanspruch zu.

Mit Jahresbeginn haben die Vorfahren des Verstorbenen keinen Pflichtteilsanspruch mehr, sondern nur noch Ehegatten (EP) und Nachkommen. Die Höhe des Pflichtteils bleibt unverändert die Hälfte des gesetzlichen Erbrechts.

In der Praxis erleichtert dies die Gestaltung von Testamenten von Mandanten, die keine Kinder haben, aber auch nicht wollen, dass bei ihrem Tod Vater oder Mutter noch etwas bekommen sollten (ohne dass ein Enterbungsgrund ins Treffen geführt werden konnte). Der letztwillig Verfügende ist insofern freier in der Verteilung seines Vermögens.

Posted by Christine Fidler-Faßmann in Aktuelles