„Wenn du das machst, enterbe ich dich!“

Mit diesen Worten allein ist noch keiner enterbt worden. Grundsätzlich musste die Enterbung, dh der Entzug des Pflichtteils, in einer letztwilligen Verfügung erklärt und entsprechend begründet werden. Eine zulässige Enterbung war bislang nur dann möglich, wenn der Pflichtteilsberechtigte die folgenden Enterbungs- bzw Erbunwürdigkeitsgründe gesetzt hat, indem er

  • den Verstorbenen zu Lebzeiten im Notstand hilflos gelassen hat,
  • wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer lebenslangen oder zwanzigjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist,
  • beharrlich eine gegen die öffentliche Sittlichkeit anstößige Lebensart führt,
  • die Beistandspflicht vernachlässigt hat,
  • frühere letztwillige Anordnungen des Verstorbenen unterdrückt oder gefälscht hat,
  • gegenüber dem Verstorbenen zu Lebzeiten eine gerichtlich strafbare Handlung gesetzt hat, die nur vorsätzlich begangen werden kann und die mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist.

Somit war ein vollständiger Entzug des Pflichtteils in Fällen, in denen beispielsweise der Verstorbene vom Pflichtteilsberechtigten stets respektlos behandelt wurde oder aus sonstigen Gründen das Verhältnis stark getrübt war mangels Vorliegen eines Enterbungsgrunds nicht möglich.

Ab 1.1.2017 sind die Enterbungsgründe im Sinne der Privatautonomie des letztwillig Verfügenden erweitert worden. Nunmehr sind auch Straftaten gegen nahe Angehörige erfasst und die gröbliche Vernachlässigung von familienrechtlichen Pflichten wurde als Enterbungsgrund mit aufgenommen. Demnach kann – im Detail – ein Pflichtteilsberechtigter enterbt werden, wenn er:

  • gegen den Verstorbenen eine gerichtlich strafbare Handlung begangen hat, die nur vorsätzlich begangen werden kann und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist,
  • gegen nahe Angehörige des Verstorbenen eine gerichtlich strafbare Handlung begangen hat, die nur vorsätzlich begangen werden kann und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist,
  • absichtlich die Verwirklichung des wahren letzten Willens des Verstorbenen vereitelt oder zu vereiteln versucht hat,
  • dem Verstorbenen in verwerflicher Weise schweres seelisches Leid zugefügt hat,
  • sonst seine familienrechtlichen Pflichten gegenüber dem Verstorbenen gröblich vernachlässigt hat, oder
  • wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer lebenslangen oder zwanzigjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist.

Die Enterbung kann sowohl ausdrücklich als auch stillschweigend durch Übergehung in der letztwilligen Verfügung erfolgen. Um Streitigkeiten zwischen den Erben zu vermeiden (zumindest soweit man sie vermeiden kann), empfiehlt es sich aber auch in Zukunft den Entzug des Pflichtteils im Testament explizit anzuordnen und zu begründen – schließlich kann der Verstorbene in einem späteren Verfahren nicht mehr selbst dazu befragt werden, was ihn zur Enterbung bewogen hat.